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24.09.2016

Stellungnahme des BDG zum Weißbuchprozess „Grün in der Stadt“

Der Weißbuchprozess aus Sicht der Kleingärtnerorganisationen

Stadtgrün steht für Lebensqualität. Denn nur mit ausreichend Grün sind Städte und Gemeinden attraktive Lebens-, Wirtschafts-, Kultur-, und Erholungsräume. Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V. (BDG) begrüßt daher den von der Bundesregierung initiierten Weißbuchprozess. Der BDG begreift diesen Prozess als Chance, auf Bundesebene notwendige Regelungen, Festlegungen und Förderungen mit anzustoßen, die für eine qualitativ hochwertige Weiterentwicklung grüner Infrastruktur notwendig sind. Die Gremien des BDG haben daher – stellvertretend für die rund 1 Million im BDG vertretenen Kleingärtner - den Weißbuchprozess von Anfang an konstruktiv begleitet. In diesem Zusammenhang hat er bewusst auch den Schulterschluss mit anderen Fach- und Berufsverbänden des Grünen Bereichs gesucht. Folgerichtig hat er sich auch bei dem von der Forschungsgesellschaft
Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) initiierten Maßnahmenkatalog „Weißbuch Grün in der Stadt“ eingebracht und trägt diesen mit. Die nachfolgenden Ausführungen sind in diesem Zusammenhang als Ergänzungen und Präzisierungen aus Sicht des Kleingartenwesens zu diesem Maßnahmenkatalog zu verstehen.

 

Kleingärten als wichtiger Teil der Grünen Infrastruktur
Kleingärten sind als öffentliches Grün Teil der Grünen Infrastruktur in Städten und Gemeinden. Wie jede andere Infrastruktur auch, müssen sie gepflegt, erhalten und weiterentwickelt werden. Die Bundespolitik erkennt zunehmend die große Bedeutung, die das Stadtgrün hat. In der Folge wird  auch immer stärker der große soziale und ökologischen Wert anerkannt,den gut konzipierte Kleingartenanlagen für die Quartiersbewohner und das gesamte Stadtgrün haben: In den Kleingärtnervereinen mit ihren rund 4 Millionen Gartennutzern finden sich die Flächen und die bewährten Strukturen, die gemeinschaftliches Gärtnern ermöglichen. Neben der klassischen Form des Gärtnerns im Verein, bei der die Integration verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen gleichsam nebenbei geleistet wird, finden sich Schul-, Kita- oder Mehrgenerationen-Gärten. Zahlreiche Kommunen und die Organisationen der Kleingärtner unternehmen große Anstrengungen, um so durch Kleingärten den sozialen Zusammenhalt zu stärken und lebenswerte Stadtquartiere zu schaffen.

 

Bundeskleingartengesetz: Urban-Gardening – in seiner nachhaltigsten Form schützen
Kleingärten leisten einen großen Beitrag zur Biodiversität. In ihnen werden gärtnerisches Wissen, die Bewahrung der Arten- und Sortenvielfalt sowie der Naturschutzgedanke gepflegt und weitergegeben. Kleingärten fördern nachhaltige Konsum- und Lebensstile. Kleingärten stellen somit eine besonders nachhaltige und bewährte Form des vieldiskutierten „Urban Gardening“ auf öffentlichem Grün dar, dessen Potential in Zukunft noch besser ausgeschöpft werden sollte. Verantwortungsvolle Bundespolitik wird daher am Bundeskleingartengesetz in seiner bewährten Form ohne Veränderung festhalten. Vor allem sollen die Pachtpreisbindung und der besondere Kündigungsschutz erhalten werden. Auch im Hinblick auf weitere Kostenfaktoren – wie z. B. die Grundsteuer – sollte der vorhandene Einfluss genutzt werden, um die finanziellen Belastungen der Kleingartennutzer in einem sozial verträglichen Rahmen zu halten.

 

Städtebaupolitik: Potential von Kleingärten ausschöpfen
Kleingärten können ihr Potential nur dann voll entfalten, wenn sie bedarfsgerecht weiterentwickelt werden: Dies gilt sowohl für prosperierende Ballungszentren mit steigender Nachfrage nach Kleingärten, als auch für Regionen mit sinkenden Bevölkerungszahlen, in denen die Nachfrage zurückgeht. Oft übernehmen Kleingärtnervereine und Kleingartenanlagen in strukturschwachen Regionen eine besonders wichtige Funktion für das soziale Zusammenleben. Gleichzeitig ist gerade dort die Notwendigkeit besonders groß, den Bestand an Gärten zu modernisieren und an die demografische Entwicklung anzupassen. Doch genau in diesen Regionen sind die Kommunen nicht selten mit dieser Aufgabe finanziell überfordert. Auf der anderen Seite ist das Potential, das moderne Kleingartenparks gerade für Ballungszentren mit hoher Flächennutzungskonkurrenz bieten können, noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft. Durch großzügig und offen angelegte Kleingartenparks mit großen Anteil an frei zugänglichen Gemeinschaftsflächen können die Kommunen ihren Bürgern statt vernachlässigter Grünflächen eine attraktive und abwechslungsreiche Landschaft bieten. Statt der sonst hohen Aufwendungen für die Pflege der Grünflächen fallen hierbei sogar noch Pachteinnahmen an. Lediglich die auf den ersten Blick hohen Investitionskosten durch die Neuanlage oder Umgestaltung von Kleingartenarealen stehen dieser für die kommunalen Haushalte so vorteilhaften Variante entgegen. Hier findet verantwortungsvolle Bundespolitik, die sich für gleichwertige Lebensqualität in den Kommunen – unabhängig von ihrer finanziellen Situation – einsetzt, eine wichtige Aufgabe: Sie wird sich dafür stark machen, in den Programmen der Städtebauförderung und in weiteren zukünftigen Infrastrukturprogrammen zur Unterstützung der Kommunen Kleingärten explizit als möglichen Adressaten für Maßnahmen festzuschreiben. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bundesländer die Möglichkeit erhalten, Kleingärten zweifelsfrei als Adressaten in den Richtlinien ihrer Landesprogramme zu benennen.

 

Ausgleichsregelung:
Interessen von Städtebau und Naturschutz miteinander in Einklang bringen Innovative Politik wird sich dafür stark machen, auch bei Fragen der Eingriffs- und Ausgleichsregelung neue Wege zum gehen. Dies gilt gerade dann, wenn so Interessen des in den Ballungszentren notwendigen Wohnungsbaus und des Naturschutzes miteinander zum Ausgleich gebracht werden können: Daher sollten bei zukünftig anstehenden Neuregelung von Kompensations- und Flächenausgleichsregelungen ökologisch aufgewertete Kleingartenanlagen als Ausgleichsflächen berücksichtigt werden. Dieser pragmatische Ansatz bringt für den Naturschutz mehr als der derzeit in Ballungszentren oft faktisch stattfindende Verzicht auf Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen in der näheren Umgebung. Entsprechende Forschungsvorhaben und Modellprojekte sollten durch die dem BMUB zugeordneten Bundesämter und Institute initiiert und gefördert werden.

 

Bundeswettbewerb als Innovationsmotor
Die Bundesregierung lobt traditionell gemeinsam mit dem BDG den Bundeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ aus. Sie weiß daher um die Effizienz mit der der Bundeswettbewerb dazu beiträgt, gelungene Beispiele von Kleingartenanlagen und Kleingartenkonzeptionen im Sinne von Best-Practice-Modellen unter den Kommunen zu verbreiten. Der Wettbewerb trägt daher ganz wesentlich dazu bei, die positiven Auswirkungen des Kleingartenwesens zu verstärken. Es gibt daher ein gesamtgesellschaftliches Interesse, die Durchführung dieses Wettbewerbs auch zukünftig nach Kräften finanziell zu unterstützen.

 

Der BDG als Partner bei der konkreten Umsetzung des Weißbuch-Prozesses
Gerade in der erfolgreichen Weiterentwicklung des Bundeswettbewerbs zeigen sich die positiven Auswirkungen und Vorteile einer engen Kooperation und Abstimmung zwischen der durch das BMUB vertretenen Bundespolitik und der Organisation der  Kleingärtnerinnen und Kleingärtner. Der BDG und seine Mitglieder wollen sich auch weiterhin bei der zukünftigen Gestaltung der Städte und Gemeinden als Partner der Politik konstruktiv einbringen. In diesem Sinne will der BDG auch den nach Erscheinen des Weißbuchs zu erwartenden politischen Prozess mitgestalten. Er hält dabei an seinem Anspruch fest, die bedarfsgerechte Weiterentwicklung von Kleingärten so mitzutragen, dass im Ergebnis die gesamte Gesellschaft davon profitiert.


Berlin, den 21.07.2016