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15.01.2010

Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln

 

Position

Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2009/128/EG vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für eine nachhaltige Anwendung von Pestiziden muss bis 2011 national umgesetzt werden. Daher beabsichtigt das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, in diesem Jahr einen Vorschlag zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) auszuarbeiten. An den Gesprächen zur rechtlichen Verankerung und zur weiteren Ausgestaltung des Nationalen Aktionsplans in Form eines gleichnamigen Forums hat der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde als größter Vertreter des Freizeitgartenbaus in Deutschland aktiv teilgenommen. Wie im Eckpunktepapier des Forums dargelegt wurde, kann ein Nationaler Aktionsplan nur dann erfolgreich sein, wenn er von allen getragen und vertreten wird. Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde begrüßt die Maßnahmen des Nationalen Aktionsplanes und unterstützt vor allem die Forderung nach der Stärkung und Intensivierung der unabhängigen Beratung sowie der Weiterentwicklung dafür geeigneter Strukturen als hoheitliche Aufgabe. Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde fordert, bei der in diesem Jahr erneut anstehenden Novellierung des Pflanzenschutzgesetztes die Haus- und Kleingärtner nicht zu vergessen, denn auch dort werden zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Kulturen Pflanzenschutzmittel benötigt.

Status quo

Die seit der letzten Gesetzesneufassung wirksame Gebotsindikation, die spezielle Eignungsprüfung für den Haus- und Kleingartenbereich sowie die Einführung eines Genehmigungsverfahrens für Lückenindikationen schränken die Anwendung zahlreicher Pflanzenschutzmittel für den Haus- und Kleingartenbereich erheblich ein. So sind nur noch so genannte „Low-Risk“-Pflanzenschutzmittel zugelassen, da der für die Anwendung vieler chemischer Pflanzenschutzmittel notwendige Sachkundenachweis im Erwerbsgartenbau für den Freizeitgartenbau nicht gegeben ist.

 

Die Vorstellung der Bundesregierung, Pflanzenschutzmittelhersteller würden das Marktsegment Haus- und Kleingarten mit neuen Produkten gemäß den gesetzlichen Anwendungsbestimmungen bedienen, wurde nicht Realität. Das größte Problem besteht zunehmend darin, dass die meisten Anwendungsgebiete in gartenbaulichen Kulturen aufgrund ihres geringen Anbauumfangs nur noch über das Genehmigungsverfahren nach § 18a PflSchG zugelassen werden.

 

Die Folge: Diese Anwendungsgebiete, auch wenn es sich um Mittel aus der „Low-Risk“-Gruppe oder sogar aus der Gruppe Biologische Pflanzenschutzmittel handelt, können nicht für den Haus- und Kleingartenbereich genutzt werden, da nach § 18 die Genehmigung nur für die Anwendung in Betrieben der Landwirtschaft, einschließlich des Gartenbaus, oder der Forstwirtschaft gilt (siehe Beispiele in der Anlage). Diese Zulassungspraxis hat zur Folge, dass die Wirkstoff- und Mittelpalette im Haus- und Kleingarten immer schmaler wird, und viele Pflanzenschutzmittel, auch biologische, dort plötzlich nicht mehr oder nur noch mit einigen wenigen Anwendungsgebieten zur Verfügung stehen.

Appell

Wir erwarten, dass bei der anstehenden Novellierung § 18 Abs. 4 Nr. 2 Pflanzenschutzgesetz nach der Passage „…und der Forstwirtschaft…“ mit den Worten „…sowie im Haus- und Kleingartenbereich.“ ergänzt wird, damit auch für den Haus- Kleingartenbereich geeignete Pflanzenschutzmittel mit nach § 18 genehmigten Anwendungsgebieten in vollem Umfang eingesetzt werden können und nicht nur in einigen wenigen Anwendungsgebieten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein biologisches Mittel wie XenTari mit dem Wirkstoff Bacillus thuringiensis nur in einigen wenigen Anwendungsgebieten in Haus- und Kleingartenbereich eingesetzt werden darf, während dem Erwerbsanbau eine Vielzahl von Anwendungsgebieten zur Verfügung steht (siehe Anlage).

 

In seinem Maßnahmekatalog fordert das Forum „Nationaler Aktionsplan“ die Entwicklung und Förderung von Innovationen zur Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes. Der Bundesverband schließt sich dieser Position uneingeschränkt an. Wir appellieren an die Bundesregierung, sich für mehr Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich des Pflanzenschutzes auf Bundesebene einzusetzen und appellieren an die politisch Verantwortlichen, sich vor allem für die Entwicklung von „Low-Risk“-Produkten und biologischen Verfahren zu engagieren. Wie die Erfahrung zeigt, werden nicht alle Probleme des Pflanzenschutzes, die immer auch marktwirtschaftlicher Natur sind, via Nachfrage und Angebot gelöst.

Begründung

Wir begründen unseren Standpunkt damit, dass laut Bundeskleingartengesetz (BKleingG) §1 (1) 1. der Anbau von Gartenbauerzeugnissen unabdingbarer Bestandteil der kleingärtnerischen Nutzung ist. Das wird praktiziert, indem ein Drittel der Gartenfläche mit Obst- und Gemüsekulturen in Arten- und Sortenvielfalt genutzt wird. Wir beobachten mit Sorge, dass fehlende Möglichkeiten eines unumgänglich notwendigen Pflanzenschutzes einerseits zunehmend zu Schwierigkeiten bei der Anbauwilligkeit der Kleingärtner bei diesen Kulturen führt. Andererseits wird die von uns gepflegte Biodiversität tendenziell ad absurdum geführt, da die Kleingärtner die Arten und Sorten, bei denen Indikationslücken bestehen und demzufolge Anbaumisserfolg vorprogrammiert ist, nicht mehr kultivieren.

Dieser Verarmung der Kulturpflanzenvielfalt (genetische Erosion) tatenlos zuzusehen, kommt einer Bankrotterklärung gleich, wenn gleichzeitig das Jahr 2010 durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen zum „Jahr der biologischen Vielfalt“ ausgerufen wurde. Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde wies 2008 in einer Studie nach, dass in deutschen Kleingärten mehr als 2000 Kulturpflanzenarten gepflegt werden. 12%, das sind immerhin 253 Pflanzenarten, dienen der menschlichen Ernährung. Kleingärtner können durch den Anbau traditioneller, regionaltypischer Arten und Sorten weitere wertvolle Beiträge zur Erhaltung der biologischen Vielfalt leisten und sollten darin, auch durch die Bereitstellung geeigneter Pflanzenschutzmittel, bestärkt werden.

 

Im Freizeitgartenbau ist – ebenso wie im Erwerbsgartenbau – Pflanzenschutz im Rahmen der guten fachlichen Praxis ein Schlüssel für den erfolgreichen Anbau von Kulturpflanzen.

 

Präsidium des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e. V. , Berlin, den 15.01.2010


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